Die Kleidung der Sarazenen

Die Tracht der Sarazenen entstand unter dem Einfluß der drei großen Kulturkreise, die zum Kalifat gehörten: die arabische Halbinsel, die hellenistische Welt, Iran und Türkei (Zentralasien). Die Araber der vorislamischen Zeit kleideten sich in lose, fließende und ungesäumte Wickelgewänder (eher Stoffbahnen, die um den Körper geschlungen wurden, ähnlich der altägyptischen Tracht), die Griechen in Tuniken und Stolen, in Zentralasien bevorzugte man geschneiderte Kleidungsstücke wie Mäntel, Jacken und Hosen. Aus der Verschmelzung dieser drei Formen entwickelte sich nun eine traditionelle islamische Kleiderordnung, die während des gesamten Mittelalters konstant blieb und kaum einem modischen Wandel unterlag. Jedoch sind sowohl standesabhängige als auch ethnische und regionale Varianten (z.B. was die Verwendung bestimmter Stoffe angeht, die Länge von bestimmten Gewändern, die Weite des Halsausschnitts, die Ärmellänge etc.) zu unterscheiden, wie auch unterschiedliche Begrifflichkeiten für ein und dasselbe Kleidungsstück existieren.


Ibn Rushd - Andrea di Bonaiuto, Firenze, 14. Jh.

Die sarazenische Tracht bestand u.a. aus folgenden Kleidungsstücken:

libâs: Unterwäsche, also die Kleidung, um "eure Scham zu bedecken" (Sure VII,26). In einigen modernen arabischen Dialekten (äg., syr.) bedeutet das Wort 'Unterhose'.

izar: Art Lendentuch aus weißem Stoff (Leinen, heute Baumwolle, Teil der ihrâm-Kleidung eines Mekkapilgers), das um die Hüften geschlungen wird und den Genitalbereich (genauer die Region zwischen Nabel und Knie) bedeckt.

sirwâl: Hose aus Leinen (heute Baumwolle oder Polyester), von Männern und Frauen gleichermaßen, zumeist unter dem thawb, getragen

qamîs: längeres Hemd mit Ärmeln, reicht über das Gesäß (frz. chemise)

thawb: Tunika, fast knöchellanges Gewand mit langen Ärmeln, allgemeiner Begriff für Kleidungsstück

jubba: langes Obergewand, vorn offen, mit weiten Ärmeln

rida': Mantel, Obergewand, überwurfartiges Gewand

burd: oder burda (Wollgewand Muhammads), rechteckiger Überwurf (auch milhafa: Überwurf, Decke)

'abâ/'abâ'a: Aba, mantelartiger Überwurf aus Wolle, ärmellos, gelegentlich gestreift

burnûs: weiter, ärmelloser Mantel aus hellem, zumeist weißem Wollstoff mit Kapuze (aus dem Maghrebinischen/Berberischen)

qalansuwa: hohe Kopfbedeckung, Kapuze, Kappe, verboten für Nichtmuslime (aufgrund eines Dekrets des Kalifen 'Umar)

taqiya: niedrige, runde Kappe, meist zum thawb getragen. Die weiße taqiya wird unter der 'imâma aufgesetzt. Nach der Sunna unterscheiden sich Muslime von den Ungläubigen/Polytheisten dadurch, daß sie einen Turban über ihren Kappen tragen.

mandîl: Kopftuch

'imâma: Turban

jilbâb: langes und weites Gewand/Tuch, das eine Muslima tief über sich ziehen soll, damit sie in der Öffentlichkeit nicht erkannt und belästigt wird (Sure 33,59)

chimâr: Kopfschleier der Frau, bedeckt ebenfalls das Dekolleté (heute auch Gesichtsschleier)

na'l: Sandalen

chuff: Schuhe, Pantoffeln aus leichtem Leder, ohne Absatz


Die Königin und ihre Damen lauschen einem Oudspieler, aus dem Hadîth Bayâd wa Riyâd, 13. Jh.

Weiterführende Literatur/Quellenangaben:
GORDON, Stewart: Robes and Honor: The Medieval World of Investiture, New York and Houndsmill 2001

STILLMAN, Norman A.: Clothing and Costume in Medieval Islamic civilization: an encyclopedia, Volume I, hrsg. v. Josef W. Meri, New York 2006, S. 159-62

STILLMAN, Yedida Kalfon: Arab Dress: A Short History from the Dawn of Islam to Modern Times, Leiden, Boston and Köln 2000 und 2003

WEHR, Hans: Arabisches Wörterbuch für die Schriftsprache der Gegenwart, 5. Auflage, Wiesbaden 1985

 
Sokrates mit seinen Schülern (li) - Sophokles mit seinen Schülern (re)
aus dem Mukhtâr al-hikam wa mahâsin al-kalim, al-Mubashshir b. Fâtik
Ausgabe Syrien, erste Hälfte 13. Jh.